Geschlecht zählt.
Geschlecht bestimmt mehr als andere Faktoren unser Gesprächsverhalten.
Im Deutschen haben wir Grammatikregeln, nach denen jede
maskuline Personenbezeichnung grundsätzlich doppeldeutig
ist. Sie besitzt die Hauptbedeutung "Männer" und die Nebenbedeutung "Männer
und/oder Frauen".
Was heißt das im Alltag?
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Frauen müssen bei jedem Satz über Personen nachdenken, ob sie mitgemeint
sind oder nicht!
Eigentlich werden Frauen "negiert", ausgeschlossen,
unter den Tisch fallen gelassen. Wenn's passt, können sie aber wieder
hervorgezaubert werden.
Doppel-
deutige Ausdrücke:
Jeder
Dieser grammatische
Trick des "Mitmeinen-Könnens" beschert uns Sätze wie
Jeder kann Papst werden. Das beste Beispiel
bin ich selbst. (Papst Johannes XXXIII)
Wenn jeder "jeder Mensch" bedeutet, hat Papst Johannes
XXXIII. entweder gelogen, oder aber er benutzte die
frauen-negierende Bedeutung von Mensch bzw. jeder. Da der
Papst unfehlbar ist, wird wohl letzteres der Fall sein.
Jedermann
Jedermann ist der Sohn seiner eigenen
Arbeit. (Smiles)
Ich weiß nicht, was sich Samuel Smiles bei diesem Spruch
gedacht hat, aber er versteht unter jedermann eindeutig nur
Männer.
Mensch
Menschen
Alle Menschen werden Brüder.
Vielleicht werden aber auch alle Menschen Schwestern?
Man muss nie den Menschen nach dem
beurteilen, was er geschrieben hat, sondern nach dem, was er
in Gesellschaft von Männern, die ihm gewachsen sind,
spricht. (Lichtenberg)
Lichtenberg hat bei diesem klugen Ausspruch garantiert an
keine Frau gedacht.
Der Mensch ist nicht zum Single-Dasein
geschaffen. Mehr als zwei Wochen hält er es ohne Frau nicht
aus. (Anonym)
Mensch = Mann
Wer
Wer ja sagt zur Familie, muss auch ja sagen
zur Frau. (Helmut Kohl)
"Wer" muss männlich sein, denn ich traue Herrn Kohl nicht
den universellen Gedankengang zu, dass es außer
Hetero-Verbindungen noch etwas anderes gibt.
Aber auch Herr von Goethe, obwohl ein Frauenfreund, ist von
der typisch männlichen Sichtweise nicht frei:
Wer mit dem Leben spricht, kommt nie
zurecht. Wer sich nicht selbst befiehlt, bleibt immer ein
Knecht.
Dass eine Frau/Magd auch Ambitionen haben könnte steht
nicht zur Debatte. Also ist mit dem Wörtchen "wer"
ausschließlich der Mann gemeint.
Schlagen Sie eine x-beliebige Zeitung auf und Sie werden
viele weiterer Beispiele finden!
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Scheinbar neutrale Wörter sind traditionell männlich
besetzt und können manchmal Frauen mitmeinen, die dann
allerdings mit maskulinen Grammatikformen bezeichnet werden!
z.B. Jeder Deutsche über 18 darf wählen.
Da Frauen auch das Wahlrecht haben, müssen
sie mitgemeint sein.
Diese Regel des Mit-Meinens gehört zum
Grundbestand der deutschen Grammatik und trainiert alle
diejenigen, die sie als Muttersprache erlernen, von Kindheit
an gründlich in der geistigen Technik des Doublethink,
insofern sie nahe legt, dass
Menschen Männer sind und Frauen einer
anderen Spezies angehören (dies gilt vor allem dann, wenn
von Privilegien die Rede ist)
Frauen auch Menschen sind, wenn es gerade
passt (vor allem dann, wenn von unangenehmen Pflichten,
Strafen usw. die Rede ist)
Frauen denjenigen Gruppen, denen sie
faktisch angehören, nicht angehören.
Und so dürfen wir Frauen bei jedem Satz über
Personen raten, ob wir wohl mitgemeint sind oder nicht.
Eigentlich sind wir zwar "nicht da", nicht
präsent - wenn’s beliebt können wir aber doch schnell wieder
hervorgeholt werden.
Mit Sprache sind ausgesprochen oder
unausgesprochen Verhaltensweisen verbunden. Das heißt, Sprache
und Handeln sind fest miteinander verschmolzen.
Wenn Frauen und Männer das gleiche tun und
sagen, ist es noch lange nicht das gleiche!
Das haben wir alle schon beobachtet:
im Berufsleben, wenn Männer und Frauen das
gleiche tun oder sagen und er als ehrgeizig
und sie als aggressiv bewertet wird.
beim Autofahren, wo Männer und Frauen, wenn
sie sich gleich verhalten, sie als furchtsam
und er als vorsichtig gilt.
bei Beschwerden, wenn sie sich gleich
ausdrücken, Männer als wütend und Frauen
als vulgär gelten.
>
Wenn das gleiche ein Mann tut oder sagt, wird es
akzeptiert oder positiv bewertet, wenn es eine Frau tut oder
sagt, wird es abgelehnt und negativ beurteilt.
Frauen können nicht nur durch gesprochene
und geschriebene Sprache, sondern auch durch ein sexistisches
Gesprächsverhalten diskriminiert werden.
Sie sind in öffentlichen und privaten Diskussionen eindeutig
benachteiligt. Und zwar nicht nur durch das Gesprächsverhalten
der anderen, sondern auch durch ihr eigenes.
Immer noch gibt es Unverbesserliche, die der
Meinung sind, dass es gar nicht so schlimm stehe, denn Frauen
würden im Gespräch sehr zuvorkommend und rücksichtsvoll
behandelt.
Demgegenüber stehen Analysen von
Wissenschaftlerinnen, die zeigen, wie stark die eigene
Wahrnehmung und die Realität auseinander klaffen.
Untersuchungen haben ergeben:
die beteiligten Frauen haben effektiv viel
weniger geredet als die anwesenden Männer. Das gilt für
Talkshows, Diskussionen jedweder Art, überall, und auch vor
Gericht, in Universitätsseminaren, beim Arzt und in
Schulklassen, wo den Buben ca. 70% und den Mädchen ca. 30%
der Sprechzeit überlassen wird.
Rednerinnen werden viel häufiger
unterbrochen als Redner (sie müssen ständig hartnäckige
Unterbrechungsversuche abwehren)
Frauen wird keine oder nur geringe
Sachkompetenz unterstellt (Männer meinen ständig, Frauen -
unnötige - Zusatzinformationen liefern zu müssen)
Achten Sie einmal
spaßeshalber in Gesprächen mit Männern darauf, wie oft er
Ihnen etwas erklärt, das sie wissen, anstatt darauf zu
vertrauen, dass Sie gegen fragen, wenn Ihnen etwas unklar ist.
Frauen werden generell weniger wichtig und
ernst genommen (Männer erlauben sich bei Frauen viel
häufiger Zwischenbemerkungen, um sich selber zu profilieren
oder sich auf Kosten der Frau lustig zu machen)
Rednerinnen werden mit echten oder
rhetorischen Fragen aus dem Konzept gebracht, mit
Unterbrechungen diskriminiert und belästigt.
Erstaunlicherweise kann folgendes Phänomen festgestellt
werden:
>
Je selbstsicherer emanzipierte Frauen auftreten,
desto chauvinistischer reagieren die Männer!
So sehen sich die Frauen in einer
Zwickmühle: Benehmen sie sich unterwürfig und unsicher, werden
sie zwar nicht ernst genommen, aber auch nicht belästigt.
Sind sie selbstsicher und bestimmt, werden
sie von den Männern respektlos behandelt.
Frauen sprechen weniger oft, weniger lang,
werden gestört, unterbrochen; sie können weder das
Gesprächstempo noch das Thema bestimmen.
Sie sehen, wie wichtig es für
unsere Teilnahme am gesellschaftlichen und ganz alltäglichen
Leben ist, uns sprachlich präsent zu machen.
Viele Forscherinnen, Wissenschaftlerinnen
und Linguistinnen haben bereits einiges geleistet, Sprache
untersucht und Strategien für Frauen entwickelt, eine humane
Sprache zu verwenden.
Frauensprache diskriminiert weder
Frauen noch Männer, noch grenzt sie Frauen oder Männer aus.